Der erste Film, der nicht nur durch Beschreibung sondern irgendwie auch komplett im Vorfeld ein enormes Erwartungspotential aufzubauen verstand. Und hier stellt sich wieder einmal die Frage, ob solch ein erwartungsaufbauender Hype einem Film wirklich gut tut.
So beginnt "London to Brighton" nicht nur optisch mit gewoehnungsbeduerftigen Look, sondern in der Tat auch extrem verstoert, wenn wir eine Frau mit angeschwollenem Gesicht und einem jungen Maedchem im Schlepptau auf einer Toilette voellig verstoert und ausser Atem beobachten duerfen. Und erst Schritt fuer Schritt fuehrt uns der Film waehrend der laufenden Handlung der Flucht der beiden mit gut eingefuegten Rueckblenden zum Ursprung und der Erklaerung der Geschehnisse zurueck.
Diese fuehren in Ihrem Sumpf des elenden Daseins nicht nur zurueck ins Prostituiertenmillieu mit heftigem Drogeneinschlag, sondern auch in die dunklen Abgruende menschlicher Perversionen mit dem Wunsch nach jungem - extrem jungen weiblichem Fleisch zwecks sexuellem Handlungsbedarf.
Und wenn in "London to Brighton" dieser Umstand recht schnell und offensichtlich klar als Handlungsstrang der Vergangenheit des Filmes beleuchtet wird, laesst er den Zuseher mit seinen Ereignissen und Urspruengen der aktuellen Gegenwart eher im Ungewissen und baut die Einzelheiten gekonnt und spannungsfoerdernd hier erst nach und nach auf und bringt sie mit seinem furiosem Ende zu einem einheitlichem Ganzen zusammen.
Der Erzaehlstil des Filmes ist hervorragend gewaehlt und kann seine Wirkung auf den Zuschauer in seiner typisch britischen Realisierung bedinungslos erzielen. Mit dem Rest des Filmes allerdings konnte ich mich persoenlich nicht so wirklich anfreunden. Zu wenig konsequent beleuchtete mir "London to Brighton" den schmutzigen Sumpf seiner Umgebung und seiner Charaktere, von welchem er vor allem Letztere viel zu wenig und vor allem zu wenig Intensiv zu beleuchten versteht.
So verliert sich "London to Brighton" in einer eher oberflaechigen Betrachtung seines Themas und brilliert mehr durch den zahlreichen Einsatz des F*ck-Wortes denn knallharter und konsequenter Abhandlung seiner Charaktere, was im Folgenden die Konsequenz mit sich zieht dass der harte Sumpf der dargestellten Realitaet weder konsequent, noch hart genug in Szene gesetzt wurde, um den Zuschauer in allen angruendigen Belangen des Filmes wirklich (mit Schrecken) teilhaben zu lassen.
So vergeigt "London to Brighton" am Ende seine Chance zu einem ganz grossen Film zu werden, wie es beispielsweise "An American Crime" durch seine erschuetternd nuechterne Erzaehlweise im Verlauf erreichen konnte. Dadurch muss sich "London to Brighton" am Ende damit vergnuegen ein zwar durchaus erschreckendes, aber nicht 100% erschuetterndes und wirksames Sozialdrama zu sein, da es die Macher nicht wirklich Verstanden die Aspekte auf den richtigen Punkt zu bringen und sich zu sehr in nebensaechlichen Darstellungen verfranzt haben. Leider hat dies zu weiten Teilen eine etwas falsche Charakterbeleuchtung zur Folge, welches ein intensives miterleben des Filmes zu grossen Teilen zu verhindern versteht.
Georgia Groome
Auch schaupielerisch habe ich schon wesentlich bessere und auch intensivere Darstellungen erlebt, auch wenn man "London to Brighton" bei Weitem nicht vorwerfen kann auf einem schlechten Niveau zu agieren und vor allem die 'kleine' Joanne wird in ihrer Rolle von Georgia Groome durchaus ansprechend verkoerpert.
Wenn einen dann nicht nur das aufloesende Ende der Vergangenheit, sondern auch das sicherlich in vielen Teilen ebenso unerwartete Ende der Gegenwart wie ein Schlag in die Magengegend zu treffen versteht... dann wuenscht man sich als Liebhaber solcher eher anspruchsvoller und sicherlich nicht leicht verdaulicher Filme um so mehr, dass all die Kritikpunkte - vor allem in Sachen Darstellung und Charaktervorstellung - besser in Szene und damit einen noch wirkungsvolleren Film mit Beginn des Abspannes zu erzeugen verstanden haetten.
So verbleibt mit "London to Brighton" am Ende ganz sicherlich kein schlechter Film, aber auch leider keine wirkliche Meisterleistung! Liebhaber des etwas aussergewoehnlichen Kinos werden dennoch an dem Film Ihre Freude haben, auch wenn er in meiner Endwertung mit 6/10 deutlich unter meinen eigenen Erwartungen zurueck blieb.
Doch nur weil ein Film ein heikles und beruehrendes Thema zu erzaehlen versteht, hat er bei mir noch lange keine Sonderpunkt allein deswegen zu erwarten. Ein Effekt, den ich vor allem bei "London to Brighton" merhfach bemerkt zu haben scheine... denn in den Kritikpunkten waren sich an sich viele einig Und wenn man die Wirkung des Filmes direkt mit "An American Crime" zu vergleichen wagt, bleibt "London to Brighton" dann doch mehr als nur relativ blass - typisch britisch halt
+
* Gute Erzaehlstruktur
-
* Thema und Charaktere nicht in letzter Instanz konsequent umgesetzt
Offizielle Beschreibung des Programmheftes, der Übersicht wegen versteckt:
Spoiler:
Übel zugerichtet und verstört erreichen Kelly und die zwölfjährige Joanne endlich Brighton und hoffen, sich hier ein wenig von ihrer überstürzten Abreise erholen zu können. Doch Joannes Freund, dem Zuhälter Derek, sitzt sein Auftraggeber, der eiskalte Stuart Allen im Nacken. Eine durchgetrennte Kniesehne als Vorgeschmack auf mehr motiviert ihn, die Flüchtigen zu finden, koste es was es wolle. Todesangst treibt alle Hauptfiguren in diesem knallharten Sozialthriller – vielleicht mit Ausnahme des versteinert wirkenden Stuart. Weshalb und wovor aber beschützt Kelly die junge Ausreißerin, warum rettet sie sich nicht selbst? In Rückblenden erfahren wir, wie es zu der panischen Flucht kam. Stück für Stück setzt sich das Puzzle zusammen – einschließlich abstoßender Details, die man lieber nicht erfahren hätte – und alles ausgelöst von ein bisschen unerwartetem Mitgefühl … Die nervenaufreibenden Wechsel zwischen Augenblicken kindlicher Unschuld und dem Survivor-Instinkt der Straße erfährt seinen Höhepunkt in einem fast bis zur Unerträglichkeit ausgespielten Showdown. Ein schonungsloses Drama am Rande der menschlichen Existenz, dessen brutale Bilder noch lange nachwirken – ein Festival-Muss.
-------------------- Nicht mehr alle Tassen im Schrank? - Dann stell doch Gläser rein!
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Und wenn man die Wirkung des Filmes direkt mit "An American Crime" zu vergleichen wagt, bleibt "London to Brighton" dann doch mehr als nur relativ blass - typisch britisch halt 
