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Interview mit Oskar Roehler, "Elementarteilchen"
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GreatWhite
Geschrieben am: Thu, 16 February 2006, 08:59


Yakuza Kochclub Vorsitzender


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Oskar Roehlers lang erwartete Houellebecq-Verfilmung "Elementarteilchen" (Constantin, 23. Februar) setzte am ersten Berlinale-Wochenende ein Glanzlicht im Wettbewerb.


Sie haben bei der Adaption von Michel Houellebecqs Roman Mut zur Lücke bewiesen, was dem Film gut tut, manche Leute aber irritiert.

Das ist ein Kritikpunkt, den ich nicht akzeptieren kann und den ich sehr dogmatisch finde. Ein Roman ist ein Roman und ein Film ein Film. Wie langweilig wäre es gewesen, das Buch eins zu eins umzusetzen. In einem Film muss man direkter sein, kann nicht so weit ausholen. Man muss sich auch überlegen, ob man Houellebecqs These des Romans, teilen möchte. Denn für ihn bahnt sich eine Zivilisationskatastrophe an. Houellebecqs Lösungsansatz lautet: Die Menschheit muss geklont werden, um sich ohne Sexualität fortpflanzen zu können. Eine Theorie, die ich nicht teile. Mich interessierten die Figuren der beiden Männer und ihre Schwächen. Aber ich wollte sie nicht als zum Scheitern verurteilte biologische Roboter darstellen.

"Elementarteilchen" ist möglicherweise Ihr bis dato reifster Film, möglicherweise auch Ihr kommerziellster. Liegt das an Bernd Eichinger?

Man könnte mir vorwerfen, dass der Film nicht radikal genug ist. Ich wollte jedoch weder explizite Sexszenen zeigen, noch die Leute desillusionieren. Doch das hat nichts mit Bernd Eichinger zu tun. Er ist eine große Persönlichkeit, doch das heißt nicht, dass man sich ihm unterordnen müsste. Natürlich gehst du den Weg mit ihm. Es war für mich ein Wagnis, einmal so einen einigermaßen kommerziellen Weg zu beschreiten. Aber ich bin eben kein Dogmatiker und muss nicht immer alles genau so machen, wie ich es schon immer gemacht habe. Es ist nicht vorgeschrieben, dass meine Filme hart sein und die Zuschauer desillusioniert aus dem Kino zu kommen müssen.

Beeindruckend ist Ihre Art, Liebe und Sexualität darzustellen. Das ist desillusioniert und zart zugleich.

Ich glaube, ich bin letztlich ein hoffnungsloser Romantiker. Der Roman hatte viele Vorgaben, die eingeflossen sind, die zum Teil sehr desillusionierend sind, z.B. Christianes Krankheit. Ich muss den Figuren jedoch eine Chance geben, sonst kann ich den Zuschauer nicht emotional packen. Darum war mir wichtig zu zeigen, wie die Figuren und ihr Umfeld auf diese Dinge reagieren. Houellebecq lehnte es ja kategorisch ab, die Wunden in irgendeiner Form zu schließen. Das mag für einen Roman legitim sein, aber bei uns wäre das dann ein Nischenfilm geworden. Den dann vielleicht eine Handvoll Leute toll gefunden hätte, weil er möglicherweise noch härter geworden wäre als "Baise-Moi". Ich wollte jedoch nicht auf Effekte setzen, sondern auf Emotionen. Wir hätten z.B. die Swinger-Club Szene noch ausführlicher zeigen können. Ich finde jedoch, dass man sich Pornos anschauen kann, wenn man so etwas sehen will. In einem Spielfilm hat das für mich nichts zu suchen.

Man sagt Ihnen nach, dass Sie in zwei Wochen ein Drehbuch fertig haben können. Jetzt haben Sie erstmals einen fremden Stoff adaptiert. War das eine große Umgewöhnung?

Die Arbeit gleicht einem Puzzle. Es ist aufreibend, aus so einem Roman ein Buch zu machen. Es ist schwierig sich darüber klar zu werden, was man aus ihm herausziehen will. Du musst sehr ökonomisch arbeiten, überlegen, wie Du das Puzzle zusammenbaust. Wir haben insgesamt drei Jahre an dem Stoff gearbeitet. Wobei ich zwischenzeitlich noch einen anderen Film gedreht habe.

Ihr Ensemble ist brillant, auch in den kleinsten Nebenrollen. Was ist Ihr Geheimnis in Sachen Schauspielführung?

Ich denke, dass bei mir eine große Portion Enthusiasmus eine Rolle spielt, die ich wohl weitergeben kann. Außerdem gebe ich den Schauspielern das Gefühl, dass sie keine Angst haben müssen. Ich versuche nicht, die Leute in eine bestimmte Form reinzupressen. Ich lasse ihnen die größtmögliche Freiheit, vielleicht sind sie deshalb auch mal zu gewissen Verrücktheiten aufgelegt. Außerdem sehe ich, denke ich, ob jemand einen Glanz mitbringt, der sich dann im Film entfalten kann. Ich muss meine Schauspielern toll finden und lieben. Es ist immer ein Austausch.

Mit Martina Gedeck war das auf alle Fälle so...

Sie ist eine ganz großartige Frau. Sie hat eine unglaubliche Ausstrahlung, ich bin sehr stolz, dass sie in "Elementarteilchen" mitspielt.

Was planen Sie als Nächstes?

Ich arbeite gerade an einem Drehbuch für eine Liebesgeschichte, der Arbeitstitel ist "Lulu und Jimmy". Sie spielt Ende der fünfziger Jahre in Deutschland, in einer finsteren Zeit. Ein Mädchen aus einer Industriellenfamilie verliebt sich in den Sohn eines schwarzen GIs. Das klassische "Romeo und Julia"-Motiv. Ich wollte endlich mal einen Teenage-Film machen mit Leuten, die völlig ungebrochen sind. Produziert wird das ganze von X Filme, ich hoffe, dass wir in eineinhalb Jahren drehen.



Quelle: Blickpunkt:Film

Greaty

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